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18:00 - 24:00

Friedrich-Schiller-Universität Jena

Ort
R E004,
Fürstengraben 6

Über Hörner und Haine, Eva und Jehova. Sprachliche Missverständnisse im Alten Testament

Hat Luther gegendert? Kann man ein Gebüsch aus dem Tempel werfen? Und wie kommt Mose zu seinen Hörnern? Auf Fragen wie diese wird der Vortrag eine Antwort geben.

Beim Lesen der Bibel stoßen wir immer wieder auf Stellen, die in den Übersetzungen unterschiedlich wiedergegeben werden. Die Ursachen dafür liegen nicht nur in individueller Methodik und Stil der Übersetzer begründet, sondern haben ihre Wurzeln zum Teil bereits in den biblischen Texten selbst. Übersetzungsprobleme gab es schon im 3. Jh. v. Chr., als die griechische Version des Alten Testaments, die Septuaginta, geschaffen wurde. Zu jener Zeit war die Kanonisierung des hebräischen Urtextes noch gar nicht abgeschlossen, doch das Hebräische als gesprochene Sprache in der Region bereits im Aussterben begriffen. Der Abstand zwischen der Entstehungszeit der frühesten Texte und der Endredaktion der Hebräischen Bibel im 2. Jh. n. Chr. beträgt fast eintausend Jahre – eine Zeitspanne, in der sich nicht nur die politische Situation, sondern auch Sprache und Schrift im Heiligen Land mehrfach gravierend verändert haben. Auf unseren Kulturkreis übertragen, entspräche diese Spanne ungefähr dem Zeitraum, welcher die mittelhochdeutsche Literatur von unserer gegenwärtigen Schriftsprache trennt. Wer könnte heute wohl das vor 800 Jahren verfasste Nibelungenlied ohne Schwierigkeiten lesen und verstehen? Wieviel hat unsere heutige Lebenswelt und Begrifflichkeit mit derjenigen des Hochmittelalters gemein? Die alttestamentlichen Texte entstanden unter dem Einfluss so unterschiedlicher Kulturen wie der altorientalischen Großreiche der Assyrer, Babylonier und Perser, der hellenistischen Welt und des aufkommenden Römischen Imperiums. Diese Einflussnahme schlägt sich nicht nur im Wortschatz, sondern auch in der grammatikalischen Struktur der Sprache nieder, die sich im Verlauf der Jahrhunderte kontinuierlich weiterentwickelt hat. Und nicht zuletzt kommen auch dogmatische Argumente ins Spiel, die zu veränderten Auffassungen bestimmter Begriffe führten. Einige besonders markante Beispiele für Fehlinterpretationen und gezielte Umdeutungen biblischer Motive, die auch Eingang in die christlich-abendländische Kultur gefunden haben, werden im Vortrag ausführlich erklärt. Die oft zu hörende Frage „Wozu noch Alte Sprachen lernen? Die Bibel ist doch x-mal übersetzt…“ erscheint danach vielleicht in einem etwas anderen Licht...

 

Hinweis

Vortrag: Dauer 1 Stunde, Beginn 18:00 Uhr, Wiederholung um 20:00 Uhr und um 22:00 Uhr
 
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Beginn des Buches Exodus
Über Hörner und Haine, Eva und Jehova. Sprachliche Missverständnisse im Alten Testament
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